Keine Arbeit
ohne Bewilligung!

Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz durch EU/ EFTA-Staatsangehörige

Überblick gefällig? Im Dschungel von Meldepflichten, Aufenthaltskarten, Online-Meldeverfahren, Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligungen verirrt sich der eine oder andere ziemlich schnell.

In unserem Artikel fassen wir die wichtigsten Regelungen für die Ausübung und Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz sowie für den Stellenantritt in der Schweiz durch Angehörige der EU-28/EFTA-Staaten zusammen. 

Grenzüberschreitende Dienstleistungen

Arbeiten bis drei Monate oder 90 Tage

Für jede in der Schweiz ausgeübte Erwerbstätigkeit ausländischer Personen oder Unternehmen mit Sitz im Ausland besteht eine Bewilligungspflicht. Nach dem Abkommen über die Personenfreizügigkeit ist hingegen die Ausübung einer Erwerbstätigkeit von höchstens drei Monaten oder 90 Tagen innerhalb eines Kalenderjahres gestützt auf eine einfache Voranmeldung zulässig. In diesem Fall wird ausnahmsweise keine Bewilligung benötigt.

Quelle: www.sem.admin.ch, Weisungen S. 33

Selbstständige Dienstleistungserbringer aus der EU-27/EFTA (1) mit Sitz in einem Mitgliedstaat, Entsandte eines Unternehmens mit Sitz in einem Mitgliedstaat (unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit), selbstständige Dienstleistungserbringer aus Kroatien mit Sitz in einem Mitgliedstaat der EU/EFTA sowie – ebenfalls unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit – entsandte Arbeitnehmer von Unternehmen mit Sitz in Kroatien dürfen im Bereich der sogenannten allgemeinen (2) Dienstleistungsbranchen bis drei Monate oder 90 Tage im Kalenderjahr Dienstleistungen (3) in der Schweiz erbringen.

Drittstaatsangehörige müssen vor der Entsendung in die Schweiz dauerhaft auf dem regulären Arbeitsmarkt in einem Mitgliedstaat der EU oder der EFTA zugelassen sein. Dauerhaft bedeutet in diesem Sinne, dass Drittstaatsangehörige seit mindestens zwölf Monaten im Besitz einer Aufenthaltskarte oder einer Daueraufenthaltskarte sein müssen.

Für den erwähnten Zeitraum (bis drei Monate oder 90 Tage) wird zwar keine Kurzaufenthaltsbewilligung EU/ EFTA benötigt, es besteht hingegen eine vorrangige Meldepflicht (Meldeverfahren).

Entstehung der Meldepflicht

Die erwähnte vorrangige Meldepflicht besteht dann, wenn die Tätigkeit der selbstständigen Dienstleistungserbringer (z. B. Unternehmensberater oder Informatiker) und der entsandten Arbeitnehmer innerhalb eines Kalenderjahres insgesamt mehr als acht Tage (4) dauert. Besteht eine solche Meldepflicht, muss die Meldung immer vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit in der Schweiz erfolgen; deshalb der Begriff der vorrangigen Meldepflicht. Die Meldung ist im Online-Meldeverfahren mindestens acht Kalendertage (inkl. Sonn- und Feiertage) vor dem vorgesehenen Beginn der Arbeit in der Schweiz vorzunehmen.

Arbeiten mehr als drei Monate oder 90 Tage

Dauert die Dienstleistungserbringung mehr als drei Monate oder 90 Tage (pro Kalenderjahr), so ist immer eine Kurzaufenthalts- oder Aufenthaltsbewilligung EU/ EFTA erforderlich. Hierfür ist ein Bewilligungsverfahren nach dem Ausländergesetz zu durchlaufen. Das Bewilligungsgesuch muss vor Aufnahme der Erwerbstätigkeit in der Schweiz eingereicht werden. Der Zulassungsentscheid liegt im freien Ermessen der zuständigen Behörden. Es besteht kein Rechtsanspruch auf die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach dem Ausländergesetz.

Quelle: www.sem.admin.ch / Weisungen S. 25 + 86

Aufnahme der selbständigen Erwerbstätigkeit

Aufenthaltsbewilligung erhalten

EU-25/EFTA-Staatsangehörige(5), die zur Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in die Schweiz einreisen, erhalten eine erstmalige Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren, sofern sie bereits bei der Einreichung des Gesuchs den Nachweis der selbstständigen Erwerbstätigkeit erbringen können.

Als Nachweis einer selbstständigen Erwerbstätigkeit genügt die Errichtung eines Unternehmens oder einer Betriebsstätte mit effektiver und existenzsichernder Geschäftstätigkeit in der Schweiz. Diese ist durch das Vorlegen von Geschäftsbüchern (Buchhaltung, Aufträge etc.) zu belegen.

Voraussetzungen

Die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit setzt in der Regel die ordnungsgemässe Gründung eines Handels-, Fabrikations- oder eines anderen nach kaufmännischer Art geführten Gewerbes oder einer juristischen Person (AG, GmbH) mit Eintragung im Handelsregister voraus. Ob eine selbstständige oder unselbstständige Erwerbstätigkeit vorliegt, wird nach den Umständen des Einzelfalls entschieden. Ausschlaggebend ist, dass die Tätigkeit auf eigene Rechnung sowie auf eigenes Risiko ausgeübt wird. Zudem darf die Person nicht an Weisungen Dritter gebunden oder in die Arbeitsorganisation eines Betriebes eingegliedert sein.(6)

Bulgarien und Rumänien

Staatsangehörige von Bulgarien und Rumänien (sog. EU-2), die sich als Selbstständige in der Schweiz niederlassen möchten, sind zwischen dem 1.6.2017 und 31.5.2018 Kontingenten für Aufenthaltsbewilligungen B EU/EFTA unterstellt.

Kroatien

Staatsangehörige aus Kroatien, die sich zwecks Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit in der Schweiz niederlassen möchten, unterstehen bis am 31.12.2018 einer Einrichtungsperiode und den im Protokoll III zum Freizügigkeitsabkommen festgelegten Kontingenten. Demnach erhalten Staatsangehörige aus Kroatien eine erstmalige Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA mit einer Gültigkeitsdauer von sechs Monaten (Einrichtungsperiode), die sie zur Ausübung einer selbstständigen Erwerbstätigkeit berechtigt. Während dieser Frist sollen die Gesuchsteller mit der Schaffung der notwendigen betrieblichen Voraussetzungen den Nachweis einer dauerhaften, tatsächlich ausgeübten selbstständigen Erwerbstätigkeit erbringen. Mit anderen Worten müssen Gesuchsteller aus Kroatien nicht bereits bei der Einreichung des Gesuchs den Nachweis einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erbringen, sondern erst nach Ablauf der Einrichtungsperiode. Eine definitive Anrechnung an die Kontingente und die Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA erfolgt erst, nachdem der Nachweis einer selbstständigen Erwerbstätigkeit erbracht worden ist.

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Stellenantritt bei Schweizer Arbeitgebern

Voraussetzung ist ein Arbeitsvertrag

Staatsangehörige der EU und der EFTA dürfen in der Schweiz einer unselbstständigen Erwerbstätigkeit nachgehen, sofern sie einen Arbeitsvertrag mit einem schweizerischen Arbeitgeber abgeschlossen haben.

Je nachdem, welchem EU-Mitgliedstaat die betreffende Person angehört, gelten jedoch unterschiedliche Übergangsregelungen.

Die gute Nachricht vorweg: Für EU-25/EFTA-Staatsangehörige gilt die volle Personenfreizügigkeit.

Für Staatsangehörige aus Rumänien und Bulgarien (EU-2) gelten aufgrund der Einführung der „Ventilklausel“ für den Erhalt einer Aufenthaltsbewilligung EU/EFTA (Ausweis B) besondere Zulassungsvoraussetzungen. Mehr dazu erfahren Sie in der offiziellen Weisung.

Auch für Staatsangehörige aus Kroatien ist eine besondere Übergangsregelung vorgesehen. So können kroatische Staatsangehörige nur unter Berücksichtigung der folgenden Einschränkungen zugelassen werden: Kontrolle des Inländervorrangs (also die bevorzugte Berücksichtigung von In- und Ausländern, die sich bereits auf dem schweizerischen Arbeitsmarkt befinden), Kontrolle der Lohn- und Arbeitsbedingungen und separate, jährlich ansteigende Kontingente für Kurzaufenthalts- und Aufenthaltsbewilligungen. Kroatische Staatsangehörige benötigen vom ersten Arbeitstag an eine Arbeitsbewilligung, selbst wenn sie eine Erwerbstätigkeit von weniger als drei Monaten ausüben wollen; für sie ist das Meldeverfahren also nicht anwendbar. Kurzaufenthalter bis vier Monate unterliegen zwar der Bewilligungspflicht, können aber kontingentsfrei zugelassen werden, wenn gewisse Qualifikationsvoraussetzungen erfüllt sind.

Aber Achtung!

Falls ein Arbeitsvertrag für eine Dauer von höchstens drei Monaten oder 90 Tagen im Kalenderjahr abgeschlossen wird, ist das sogenannte Meldeverfahren anzuwenden. Es wird keine ausländerrechtliche Bewilligung benötigt. Falls jedoch kroatische Staatsangehörige in der Schweiz für einen Zeitraum von bis zu drei Monaten bzw. 90 Tagen im Kalenderjahr eine Arbeitsstelle antreten möchten, kann das Meldeverfahren nicht angewendet werden, da sie wie erwähnt vom ersten Arbeitstag an eine Arbeitsbewilligung benötigen.

Soll eine Erwerbstätigkeit von länger als drei Monaten oder mehr als 90 Tagen im Kalenderjahr ausgeübt werden, darf das Meldeverfahren generell nicht angewendet werden.

Bei einem Stellenantritt in der Schweiz ausserhalb des Meldeverfahrens (mehr als drei Monate oder 90 Tage innerhalb eines Kalenderjahresjahres) wird den ausländischen Arbeitnehmern je nach Dauer des Arbeitsverhältnisses eine Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L EU/EFTA) oder eine Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B EU/EFTA) ausgestellt. Die Tätigkeit darf erst aufgenommen werden, wenn das Gesuch den zuständigen kantonalen Behörden zugestellt wurde.

Bei neu zugelassenen EU/EFTA-Staatsangehörigen, die von einem Schweizer Verleihbetrieb vermittelt oder deren Dienste verliehen werden, erstrecken sich die Einsatzverträge grundsätzlich über eine befristete Dauer, in aller Regel von weniger als einem Jahr. Falls aus dem Bewilligungsgesuch hervorgeht, dass der Betrieb seine Angestellten für eine erstmalige Gültigkeitsdauer von höchstens drei Monaten vermittelt oder ihre Dienste erstmalig für diesen Zeitraum verleiht, findet zunächst das erwähnte Meldeverfahren Anwendung. Wenn der Betrieb seine Angestellten für mehr als drei Monate, aber weniger als ein Jahr vermittelt oder deren Dienste für diesen Zeitraum verleiht, dürfen die zuständigen kantonalen Behörden keine Aufenthaltsbewilligung (Ausweis B EU/EFTA) erteilen. Den Arbeitnehmern kann nur eine Kurzaufenthaltsbewilligung (Ausweis L EU/EFTA) begrenzt auf die Gültigkeitsdauer ihrer Einsätze ausgestellt werden.

Fussnoten

(1) Da Kroatien nicht in den Genuss der vollen Personenfreizügigkeit kommt, wird die Bezeichnung EU-27/ EFTA verwendet, um alle Vertragsparteien der vollen Personenfreizügigkeit zu bezeichnen, mit Ausnahme von Bulgarien und Rumänien, deren Staatsangehörige, die zwischen dem 1.6.2017 und 31.5.2018 in der Schweiz eine Stelle antreten oder sich als Selbstständige hier niederlassen, Kontingenten für Aufenthaltsbewilligungen B EU/ EFTA unterstellt sind.

(2) Im Gegensatz zu den sog. speziellen Dienstleistungsabkommen wie z. B. das Abkommen über das öffentliche Beschaffungswesen oder Abkommen über den Luft- und den Landverkehr.

(3) Die Dienstleistungsfreiheit zwischen der Schweiz und der EU ist jedoch nicht vollständig verwirklicht, so wurden bestimmte Dienstleistungen im Finanzbereich und dem Bereich der Arbeitsvermittlung und des Personalverleihs nicht liberalisiert.

(4) In den folgenden Branchen muss die Tätigkeit dieser Dienstleistungserbringer dagegen in jedem Fall und unabhängig von der Dauer der Arbeit vom ersten Tag an gemeldet werden: Bauhauptgewerbe (Hoch- und Tiefbau) und Baunebengewerbe, Garten- und Landschaftsbau, Gastgewerbe, Reinigungsgewerbe in Betrieben und Haushalten, Überwachungs- und Sicherheitsdienst, Erotikgewerbe und Reisegewerbe.

(5) Zwischen 1.6.2017 und 31.5.2018 sind Staatsangehörige von Bulgarien und Rumänien, die sich als Selbstständigerwerbende in der Schweiz niederlassen, Kontingente für Aufenthaltsbewilligungen B EU/EFTA unterstellt. 

(6) Für mehr Informationen zu diesem Thema, vgl. etwa „Weisung des SECO betreffend das Vorgehen zur Überprüfung der selbstständigen Erwerbstätigkeit von ausländischen Dienstleistungserbringern“.